Von Fritz Schumachers Achsenkonzept zur Metropolregion Hamburg: Raumplanung seit dem Groß-Hamburg-Gesetz und ihre Folgen für Stormarn
Norbert Fischer

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Im großstädtischen Umland ist im 20. Jahrhundert ein neuer Raumtypus entstanden, der die historischen Stadt-Land-Gegensätze aufgelöst hat. Für diese Entwicklung sind das Hamburger Umland im Allgemeinen und der Kreis Stormarn im Besonderen ein paradigmatisches Beispiel. Es geht um jene Verstädterungsprozesse des ländlichen Raumes, die in der Zeit der Industriemoderne einsetzten und nach dem Zweiten Weltkrieg eine besondere Dynamik erfuhren. Sie haben in der Forschung zu einer neuen Terminologie geführt, denn die üblichen Kriterien der Suburbanisierung lassen sich nur noch bedingt anwenden. [1] Vielmehr wurden neue Begriffe geprägt: „Zwischenstadt“, [2] „urbaner Verflechtungsraum“, „Stadtregion“, „urbane Landschaft“ oder „regionale Stadtlandschaft“. [3]

Das Hamburger Umland umfasst in der hier zugrunde gelegten Definition die vier direkt an die Großstadt grenzenden schleswig-holsteinischen Kreise Pinneberg, Segeberg, Stormarn und Herzogtum Lauenburg sowie die beiden niedersächsischen Landkreise Harburg und Stade. Ihre exponierte Lage hat seit dem frühen 20. Jahrhundert zu grenzüberschreitenden Fluktuationen und vielfältigen Verflechtungen, insbesondere dem Pendlertum, geführt. Daher unterlagen die Hamburg-Umlandkreise auch relativ früh dem Zugriff der Regionalplanung – die nördlichen eher und stärker als die südlichen –, was ihre Entwicklung entscheidend beeinflusste. Letztlich gab es, wie im Folgenden insbesondere am Beispiel des schleswig-holsteinischen Kreises Stormarn zu zeigen sein wird, drei Katalysatoren der regionalen Modernisierung: 1. die Standortverlagerungen von Gewerbe und Industrie ins Umland (Industriesuburbanisierung), 2. das Bevölkerungswachstum im Umland (Bevölkerungssuburbanisierung), 3. die länderübergreifende Raumplanung. Unter stetig wachsendem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellenwert wurde das Umland im Verlauf des 20. Jahrhunderts immer stärker einbezogen in eine grenzübergreifende und grenzauflösende Stadt- und Regionalplanung, die in den 1990er Jahren in das aktuelle Konzept der Metropolregion Hamburg mündete.



Quellen

[1] Zur Suburbanisierungsforschung als Überblick Klaus Brake/Jens Dangschat/Günter Herfert (Hrsg.): Suburbanisierung in Deutschland. Aktuelle Tendenzen. Opladen 2001.

[2] Thomas Sieverts: Zwischenstadt – zwischen Ort und Welt, Raum und Zeit, Stadt und Land. Braunschweig/Wiesbaden 1997.

[3] Lars Bölling/Thomas Sieverts (Hrsg.): Mitten am Rand. Auf dem Weg von der Vorstadt über die Zwischenstadt zur regionalen Stadtlandschaft. Wuppertal 2004. – Dietmar Scholich (Hrsg.): Integrative und sektorale Aspekte der Stadtregion als System. Frankfurt/M. u. a. 2004. – Raimund Blödt (Hrsg.): Beyond Metropolis – Eine Auseinandersetzung mit veränderter Stadtlandschaft. Sulgen u. a. 2006.