Zwischen Reetdach und City-Center:
Vom Hamburger Umland zur Metropolregion
Prof. Dr. Norbert Fischer (Universität Hamburg)

Zusammenfaßung der Einleitungen aus:
Norbert Fischer: Vom Hamburger Umland zur Metropolregion. Stormarns Geschichte seit 1980. Hamburg 2008 (DOBU-Verlag)
Norbert Fischer: Die modellierte Region. Zur Geschichte Stormarns und des Hamburger Umlandes vom Zweiten Weltkrieg bis 1980. Neumünster 2000 (Wachholtz-Verlag)

1. Strukturwandel im großstädtischen Umfeld

Im nördlichen Hamburger Umland, vor allem in den Kreisen Pinneberg und Stormarn, hatte in den 1950er Jahren ein struktureller Wandel eingesetzt und aus ländlich-agrarischen Zonen eine gewerblich-industrielle Wachstumsregion gemacht. In Stormarn war der Industrieumsatz zwischen 1957 und 1975 um 284%, die Zahl der Industriebeschäftigten um 174% gestiegen. Damit verbunden war ein rasantes Bevölkerungswachstum.

Dieser Strukturwandel bildete das zentrale Element jener regionalen Modernisierung im Hamburger Umland, die in den späten 1950er Jahren einsetzte. Neben der gewerblich-industriellen und bevölkerungsmäßigen Expansion im Hamburger Umland zog dieser Strukturwandel die Ausrichtung von Lebensweise und Lebenßtandards an urbanen Leitbildern nach sich. Architektonisch-städtebaulich wurden neuartige Zonen „zwischen Stadt und Land“ geschaffen. Diese Modernisierung fand ihren sichtbaren Ausdruck unter anderem in der verkehrstechnischen Erschließung des Umlandes (vor allem durch Schnellstraßen und Autobahnen sowie die Ausweitung des Bahn- und Busnetzes), im Hochhausbau und in der Verstädterung der Kommunen, deren markantestes Zeichen – beispielhaft in Ahrensburg und Glinde – die städtebauliche Schaffung innerörtlicher urbaner Zentren im Stil der „City“ war.

Das Hamburger Umland umfaßt in der hier zugrunde gelegten Definition die vier direkt an die Großstadt grenzenden schleswig-holsteinischen Kreise Pinneberg, Segeberg, Stormarn und Herzogtum Lauenburg sowie die beiden niedersächsischen Kreise Harburg und Stade. Ihre exponierte Lage hatte schon im frühen 20. Jahrhundert zu grenzüberschreitenden Fluktuationen und vielfältigen Verflechtungen, insbesondere dem Pendlertum, geführt. Daher unterlagen die Hamburg-Umlandkreise auch relativ früh dem Zugriff der Regionalplanung – die nördlichen eher und stärker als die südlichen –, was ihre Entwicklung entscheidend beeinflußte. Letztlich gab es, wie im Folgenden insbesondere am Beispiel des schleswig-holsteinischen Kreises Stormarn zu zeigen sein wird, drei Katalysatoren der regionalen Modernisierung: 1. die Standortverlagerungen von Gewerbe und Industrie ins Umland (Industriesuburbanisierung), 2. das Bevölkerungswachstum im Umland (Bevölkerungßuburbanisierung), 3. die länderübergreifende Raumplanung.