VI. Resümee

Die Bestattungs- und Erinnerungskultur durchläuft gegenwärtig eine grundlegende Zäsur, die einer „Entfesselung“ gleicht. Jahrzehntelang eingeschliffene feste Strukturen sind aufgebrochen und überwunden worden. Die neuen Orte und Zeremonien der Bestrattungskultur sind in der Regel individualistischer als die bisher vertraute reglementierte Routine. Die Bestattungskultur des frühen 21. Jahrhundert oszilliert zwischen neumodellierten Räumen des klassischen Friedhofs und multipel inszenierten Gedächtnislandschaften im öffentlichen Raum bei zunehmender Dominanz und Formenvielfalt der Aschenbeisetzungen. Nicht zuletzt zeigt sich dabei eine tendenzielle Pluralisierung – im engeren Sinn: Auseinanderdriften – von Bestattungs- und Erinnerungsorten. Aus gesellschaftlicher Perspektive verlieren die bislang in der Bestattungskultur dominanten sozialen Institutionen (Familie, Kirche u.a.) immer stärker ihre bisherige Bedeutung. An ihre Stelle treten neue, freiere soziale Formationen.